LSBTIQ*-Strukturen in Zeiten von Corona erhalten und stärken.

Sowohl in der aktuellen Corona-Krise als auch nach ihr, setzt sich die SPDqueer nicht nur für den Erhalt, sondern auch für die Stärkung und den Ausbau von queerer Szene-Infrastruktur ein. Denn, wir wollen mehr Community wagen!

Die Corona-Pandemie offenbart besonders die Verletzlichkeit queerer Strukturen in Deutschland: Beratungsangebote für LSBTIQ* können nicht oder nur eingeschränkt stattfinden. Vereine und Verbände, die von öffentlichen Mitteln abhängen, geraten unter Druck. Safe Spaces wie Bars, Clubs oder Saunen droht das aus. Queeren Medien brechen die Anzeigen und Auslegestellen weg. Künstler*innen und Kulturschaffende können nicht mehr arbeiten und fallen als Soloselbständige durch das Raster der von Bund und Ländern geschnürten Hilfspakte.

Es droht ein nie dagewesener Kahlschlag der queeren Infrastruktur, der unbedingt verhindert werden muss. Wir fordern daher unmittelbare Maßnahmen zum Erhalt queerer Strukturen und langfristige politische Entscheidungen, die Krisenfestigkeit der queeren Infrastruktur zu sichern. Denn diese Strukturen sind kein Selbstzweck, sondern ein solidarisches Netzwerk, das über Jahrzehnte gewachsen ist und LSBTIQ* Schutz und Unterstützung gewährt.

Jede*r einzelne kann einen Beitrag leisten, Community-Strukturen zu stärken. Als SPDqueer begrüßen wir die vielen Initiativen von Organisationen und Privatpersonen, Strukturen vor Ort zu erhalten. Sei es durch Spendenaufrufe oder das Streamen von Konzerten und DJ-Sets im Netz. Diese zivilgesellschaftlichen Initiativen können allerdings nicht den Staat aus seiner Pflicht entlassen, LSBTIQ*-Strukturen in Zeiten von Corona zu Schützen und zu stärken.

Beratungsangebote sicherstellen

Selbsthilfegruppen, Unterstützungsnetzwerke und Beratungsstellen können aktuell nicht in gewohnter Weise arbeiten. Gerade LSBTIQ*-Personen sind oft von Einsamkeit, Gewalt sowie sozialen und psychologischen Krisen betroffen. Diese Angebote müssen auch unter den bestehenden Kontaktbeschränkungen sichergestellt werden. Neben der Absicherung im Rahmen der geltenden Verordnungen, gehört dazu auch die finanzielle Absicherung für die Träger dieser Angebote durch die Kommunen, die Länder und den Bund.

Vereine und Verbände nachhaltig finanzieren

Von den AIDS-Hilfen über die CSD-Vereine, Betroffenenverbände, queere Bildungsträger, Sportvereine, kommunale LSBTIQ*-Vereine, Beratungs- und Hilfsnetzwerke bis hin zu queeren Chören, bilden die Vereine und Verbände der LSBTIQ*-Community in Deutschland ein wichtiges soziales Netzwerk. Ihnen drohen durch die Corona-Pandemie finanzielle schieflagen bis hin zur Insolvenz. Wir fordern öffentliche Fördermittelgeber auf, den Vereinen und Verbänden in dieser Situation zur Seite zu stehen und ihre Finanzierung zu sichern. Öffentliche Haushalten, dürfen hier nicht den Rotstift ansetzen.

Safe-Spaces müssen erhalten werden

Sogenannte Safe-Spaces sind Orte, an denen sich LSBTIQ*-Personen sicher vor Gewalt und Diskriminierung bewegen und frei entfalten können. Zu ihnen gehören nicht nur Versammlungs- und Beratungsräume in queeren Vereinen, sondern auch Clubs, Bars, Kinos und Saunen. Die durch Corona bedingten Schließungen bringen diese Safe-Spaces in Existenznot und ihr Verschwinden ist oft endgültig, da gerade solche Einrichtungen nicht selten der Gentrifizierung und der Verdrängung durch Investoren zum Opfer fallen. Wir fordern daher politische Entscheidungsträger*innen auf allen Ebenen dazu auf, den Erhalt von Safe-Spaces der LSBTIQ*-Community zu unterstützen z.B. durch einen besseren Milieuschutz.

Queere Medien unterstützen

Die Corona-Pandemie bedroht nicht nur traditionelle Medien, sondern setzt auch LSBTIQ*-Medien massiv zu. Hier wird nicht nur auf Aktivitäten und Veranstaltungen für queere Menschen aufmerksam gemacht, sondern auch über Probleme berichtet, lange bevor traditionelle Medien sie - wenn überhaupt aufgreifen. Queerer Journalismus leistet wichtige Aufklärungs- und Menschenrechtsarbeit. Sein Verlust wäre ein schwerer Schlag für die Emanzipationsbewegung von LSBTIQ*. Hier ist nicht nur die Politik mit ihren Rettungsschirmen gefragt, sondern auch Werbepartner, die jedes Jahr auf den CSDs ihre Solidarität mit uns zeigen. Wir rufen sie dazu auf, die Budgets ihrer CSD-Kampagnen für Anzeigen in queeren Medien zu nutzen. Die SPDqueer wird hier mit gutem Beispiel voran gehen.

LSBTIQ-Künstler*innen und Kulturschaffende absichern

Tausende queere Menschen arbeiten als Soloselbständige im Kunst-, Medien- und Unterhaltungsbereich. Von der DJane, über die Dragqueen, Tänzer*innen, Musiker*innen, Moderator*innen bis hin zu bildendem Künstler*innen - sie alle machen unsere Kunst- und Kulturszene erst zu dem, was sie ist. Die Corona-Pandemie bedroht tausende dieser Existenzen. Hier greifen Hilfsprogramme für klassische Selbständige (mit Gewerbeanmeldung) zu kurz und treibt Betroffene in die Grundsicherung und in die Armut. Die Politik muss ihre Hilfspakete dringend nachjustieren, um Soloselbständige und ihre Situationen besser berücksichtigen.

Unterstützungsangebote für Sexarbeiter*innen sicherstellen

Die aktuellen Einschränkungen kommen einem Arbeitsverbot für Sexarbeiter*innen gleich. Dies trifft besonders marginalisierte Personen und Menschen in prekären Lebenssituationen. Einige müssen trotz der starken Gefährdung ihrer selbst und anderer weiterarbeiten, da die wirtschaftliche Not sie dazu zwingt: Diese Personen fallen durch alle Hilfsprogramme für Selbstständige und haben keinen Anspruch auf Grundsicherung, wenn sie beispielsweise keinen gesicherten Aufenthaltsstatus besitzen, bzw. nicht angemeldet sind. Diese Menschen dürfen nicht durch das Raster von Hilfs- und Beratungsangeboten fallen.

Queere Strukturen nachhaltig stärken

Die aktuelle Corona-Krise verdeutlicht, wie fragil LSBTQ*-Szenestrukturen sind. In ihnen finden nicht nur Beratungsangebote und Safe Spaces sondern auch gelebte queere Alltagskultur statt. Daher gilt es diese nachhaltig zu stärken und abzusichern.

Fördermittel müssen deshalb auch weiterhin in notwendiger Höhe bereitgestellt werden. Hier darf es nicht zu Kürzungen im Nachgang der Corona-Krise kommen. Auch etablierte Projekte erhalten oft keine Regelförderung sondern, müssen alljährlich eine Förderverlängerung beantragen. Dies führt zu eingeschränkten Planungsperspektiven und fehlender Sicherheit. Als Sozialdemokrat*innen setzen wir uns daher dafür ein, dass langjährige und etablierte queere Projekte eine Regelförderung erhalten und die Förderzeiträume verlängert werden.

Darüber hinaus bedarf es weiterer Mechanismen, um queere Lebenskultur zu schützen. Ein aktiver Milieuschutz kann queere Szenequartiere stärken. Ebenso gilt es Stiftungen in ihrer Arbeit zu unterstützen und ggf. mit zusätzlichen Stiftungskapital auszustatten. Dies gilt insbesondere für die Hannchen-Mehrzweck-Stiftung, die Hirschfeld-Eddy-Stiftung, die Stiftung Akademie Waldschlösschen, die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ,die ARCUS-Stiftung, die Filia Frauenstiftung, die Münchner Regenbogen-Stiftung, PROUT AT WORK, das Queere Forum Niedersachsen, Buntes Leben Stiften sowie die Sappho Stiftung.

Quelle: spdqueer.de